Astronomische Uhr
Orloj - Prager Altstädtische Rathausuhr
Über die Rathausuhr
Die Prager Rathausuhr schmückt die Südseite des Rathausturmes auf dem Altstädtischen Ring bereits seit 1410 und gehört zu den Top-Sehenswürdigkeiten in Prag. „Orloj“ oder wie diese Uhr auf Tschechisch bezeichnet wird, ist im Tschechischen ein Begriff, der für alle Uhren verwendet wird, die sowohl die astronomische Zeit als auch die normale Zeit anzeigen können. Orloj läutet jeden Tag von 9 bis 23 Uhr zur vollen Stunde außer von Gründonnerstag bis Karsamstag.
Die Uhr machte in den über 600 Jahren ihrer Existenz viele kleine und große Reparaturen, Erweiterungen, Umbauten und Korrekturen durch. Auch über eine Verschrottung dachte man nach. Wenn sie repariert oder gewartet wird, erscheint an der Rathauswand eine exakte Kopie des Orloj in digitaler Form.
Livestream Rathausuhr
Gegenüber dem Orloj ist eine Kamera angebracht, mit der man die Bewegungen der Apostel und der Uhr live verfolgen kann.
Unterteilung Rathausuhr


12 Apostel
Die Apostel in den zwei Fenstern haben nichts mit der Zeitmessung zu tun. Sie sind eher aus religiösen Gründen da und als Attraktion. Dieser „Auftrag“ scheint erfüllt zu sein. Der Platz vor der Rathaus-Uhr ist voll mit Touristen, vorallem wenn sich die zwei Fenster öffnen und zu pro Fenster 6 Apostel für 30 Sekunden erscheinen bevor zur vollen Stunde geläutet wird.
Die derzeitigen 12 Apostel wurden neu erschaffen, nachdem die Original-Figuren aus dem 19. Jahrhundert beim Rathausbrand Ende des 2. Weltkrieges großenteils zerstört wurden. Sie sind den Original-Figuren aber nur ähnlich. Auch die Bewegung der Apostel war früher anders. Jeder Apostel trägt etwas in der Hand.
Astrolabium
Das Astrolabium ist das Werk des Uhrenmachers Nikolaus von Kaaden, wahrscheinlich in Kooperation mit dem Astronomen Jan Šindel. Wie sieht das Astrolabium denn aus und wie kann man die gewünschte Uhrzeit und die astronomischen Sachverhalte ablesen?
Teile des Astrolabiums
Astrolabium besteht aus einer Scheibe mit einem Durchmesser von 260cm, die drei Zeiger hat: Einen Zeiger mit dem Sonnensymbol, der an der Spitze eine Hand hat. Der zweite Zeiger hat an der Spitze ein Mondsymbol und der dritte Zeiger ein Sternsymbol. Auf dem großen Scheibe rotiert außerdem noch ein kleiner Ring mit Tierkreiszeichen.
Dieser Tierkreiszeichenring ist mit einem Stab an der Mitte der Scheibe befestigt (senkrecht zum Sternzeitzeiger) und rotiert in einem Sterntag um den Mittelpunkt des Astrolabiums. Der Handzeiger durchläuft im Lauf des Jahres einmal alle Tierkreiszeichen, wobei das Sonnensymbol auf dem Handzeiger das aktuelle Tierkreiszeichen anzeigt. Da jedes Tierkreiszeichen noch in 6 Abschnitte eingeteilt ist, lässt sich auch der ungefähre Tag ablesen.
Bildquelle: Prague_Astronomical_Clock_animated.gif: Willy Leendersderivative work: W.Rebel, Public domain, via Wikimedia Commons
Altböhmische Zeit
Um die große Scheibe dreht sich ein Ring. Dieser Ring ist mit goldenen arabischen Ziffern in gotischer Schrift verziert und ist in 24 Abschnitte mit den Ziffern 1-24 eingeteilt. Dieser Ring zeigt die altböhmische Zeit an, d.h. die Zeit, die seit dem letzten Sonnenuntergang vergangen ist. Sind z.B. 13 Stunden seit dem letzten Sonnenuntergang vergangen, so zeigt der Hand-Zeiger auf diese Zahl. Früher hat es dann auch 13 mal geläutet. Obwohl auf Anordnung von Ferdinand I. bereits im Jahr 1547 diese Zeit durch die altdeutsche Zeit abgelöst wurde, wurde beim Sonnenuntergang noch lange Zeit 24 mal geläutet.
Altdeutsche Zeit - MEZ
Der äußere Rand der nicht beweglichen Scheibe ist auch in 24 Abschnitte eingeteilt. Diesmal ist er mit goldenen römischen Zahlen I bis XII verziert und das zwei Mal. Wenn sich der Hand-Zeiger auf der unteren XII befindet, ist Mitternacht, wenn auf der oberen XII, ist Mittag. Die römischen Zahlen zeigen die altdeusche Zeit bzw. die uns bekannte mitteleuropäische Zeit an. Die Minuten konnte man mit dieser 24-Stunden-Uhr und einem einzigen Zeiger nur schätzen. Seit der Reparatur von Orloj im Jahre 1948 wird die mitteleuropäische Zeit geläutet - max. 12 mal zum Mittag.
Südliche Projektion
Auf der großen Scheibe wird die Himmelsphäre vom Nordpol aus betrachtet, dargestellt. Links ist auf der Scheibe folglich der Osten und rechts der Westen. Der schwarze Kreis stellt die Nacht dar, der rote Bereich die Dämmerung und im restlichen blauen Bereich steht die Sonne über dem Horizont. Wenn sich der Hand-Zeiger im Uhrzeigersinn dreht, „wandert“ das Sonnensymbol auf dieser Projektion passend vom Osten in den Westen. Auf dem Weg vom Westen in den Osten durchläuft sie den Bereich der Dämmerung und der Nacht. Ebenfalls lässt sich auf der großen Scheibe des Astrolabiums ablesen, wie hoch gegebenenfalls die Sonne über dem Horizont steht.
Babylonische Zeit
Auf dem Astrolabium können wir noch eine weitere Zeit ablesen – die babylonische Zeit. Diese Zeit zeigt die Zeit vom Sonnenaufgang bis zum Sonnenuntergang an – in 12 Abschnitten. Da in den Wintermonaten die Tage kürzer sind, sind die babylonischen Stunden auch entsprechend kürzer. Diese Zeit wird mit schwarzen arabischen Ziffern von 1 bis 12 und zwölf Unterteilungen auf dem blauen Teil der Himmelsphäre (wo die Sonne aufgegangen ist), mit Hilfe des Hand-Zeigers angezeigt. Orloj ist die einzige astronomische Uhr auf der Welt, die diese Zeit messen kann.
Mit dem Hand-Zeiger lassen sich also gleichzeitig die altböhmische, die altdeutsche und die babylonische Zeit ablesen.
Sternsymbol
Der Sternzeitzeiger mit einem Sternsymbol an der Spitze umrundet das Ziffernblatt in 23 Stunden, 56 Minuten und 4 Sekunden. Mit diesem Zeiger kann die Sternzeit auf der Skala mit den griechischen Ziffern abgelesen werden.
Mondsymbol
Der 3D-Mond auf dem Mondzeiger ist zweitgeteilt – eine Seite ist hell und eine dunkel. So lässt sich die aktuelle Mondphase ablesen. Mit einer originellen Mechanik von einem unbekannten Meister aus dem 17. Jhdt im Inneren des Mondes. lässt sich lediglich mit Hilfe der Erdanziehung – während sich der Mondzeiger dreht – die Verschiebung der Mondphasen erreichen.
Der Mondzeiger zeigt auf dem Tierkreiszeichenring, in welchem Tierkreiszeichen sich der Mond befindet und wie seine Position im Zodiakus ist.
Astrolabium-Simulator
Mit diesem ausgezeichneten Simulator kann man die Funktionsweise des Astrolabium sehr gut nachvollziehen. Man kann jedes beliebige Datum zwischen dem Jahr 1400 und 2500, sowie die Uhrzeit einstellen und dann die entsprechenden anderen Zeiten und astronomische Daten ablesen. Darüber hinaus kann eine Animation wahlweise im Minutentakt und im Tagestakt gestartet werden.
Beschmückung der Rathausuhr
Figuren
Außer den Aposteln, gibt es noch 8 weitere Holzfiguren an der Prager Rathausuhr. Bei allen handelt es sich um Kopien, deren Originale, soweit vorhanden, im Museum der Stadt Prag aufbewahrt sind. Alle 8 Holz-Figuren sind aus einem weichen Linden- und Ahornholz im barocken Stil gefertigt. Außerdem ist Orloj mit einer Engelsbüste und mit einem Hahn bestückt.
Engelsbüste und Hahn
Bei der Steinbüste eines Engels zwischen den zwei Fenstern handelt es sich um die Kopie eines gotischen Engels aus dem 15. Jhdt. Der vergoldete Hahn symbolisiert das Leben und wurde Ende des 19. Jhdt. an Orloj angebracht. Das Krähen des Hahns wird durch Auslassen der Luft aus einem Blasebalg realisiert. Dabei hebt sich die Brust des Hahns. Der Balg füllt sich dafür zuvor durch die Bewegung der Apostel mit Luft.
Holzfiguren

Die je zwei beweglichen Figuren seitlich des Astrolabiums symbolisieren "Eitelkeit", "Habsucht", "Tod" und die "Wollust". Sobald sich die Apostel in Bewegung setzen und in den zwei Fenstern erscheinen, "erwachen" diese Figuren. Die Eitelkeit schaut in den Spiegel. Die Habsucht schüttelt mit dem Geldbeutel und bewegt den Stock. Der Sensemann, der für den Tod steht, dreht die Sanduhr um und ziehend an einem Seil bringt er eine kleine Glocke im Turm oberhalb des Orlojs zum Läuten. Der "Türke" mit dem Zupfinstrument, der die Wollust darstellt, schüttelt den Kopf.


Bei den unbeweglichen je zwei Figuren seitlich des Kalendariums handelt es sich um den "Philosophen", um den "Erzengel Michael", um den "Astronomen" und um den "Chronikschreiber". Der Philosoph erkundet die Welt. Der Engel zeigt mit der Lanze nach oben. Das soll bedeuten, dass das aktuelle Datum im Kalendarium oben abgelesen werden soll, der Astronom beobachtet den Himmel und der Chronikschreiber dokumentiert Ereignisse. Die aktuelle Symbolik wurde den Figuren später zugeschrieben. Welche genau sie vorher hatten, weiß man nicht.

Bei den Figuren handelt es sich nicht um hundertprozentige Kopien der Originale. Der "Türke" z.B. hatte früher kein Instrument. Der Engel zeigt zwar immer noch auf das aktuelle Datum aber früher war das aktuelle Datum im Kalendarium woanders zu finden. Weitere Figuren ergänzte der Bildhauer Suchard bei seinen vielfachen Veränderungen der Figuren im 20. Jhdt. mit einem Buch, einer Feder und einem Fernglas, was dann zu der aktuellen Figurenbenennung führte. Das sind nur einige Beispiele der vorgenommenen Änderungen.
Kalendarium
Im unteren Teil der Prager Rathausuhr ist das Kalendarium mit einem Durchmesser von 220cm angebracht. Dabei handelt es sich um eine Kupferscheibe mit einem Kalender mit Ziffernblatt, mit Tierkreiszeichen und mit bildlicher Darstellung der Kalendermonate. Die erste Version eines Kalendariums hat es Ende des 15. Jhdt. gegeben, hat sich aber nicht erhalten. Das aktuelle Kalendarium wurde von Josef Mánes 1865 erschaffen, das in einem Museum aufbewahrt ist. Wir sehen am Altstädter Ring eine Kopie.
Die Scheibe dreht sich jeden Tag um einen ihrer 365 Abschnitte. Jeder dieser Abschnitte ist von Außen nach Innen in die vier Kalenderangaben "Tag im Monat", "Sonntagsbuchstabe", "Namenstag/Heiliger" und "Cisiojanus" aufgeteilt. In früheren Zeiten hat der Uhrenmeister die Scheibe manuell um einen Tag gedreht.
Wo bei einer Uhr die 12 ist, kann das aktuelle Datum abgelesen werden, denn das ganze Kalendarium dreht sich im Uhrzeigersinn um eine kleine Platte mit dem Prager Wappenzeichen.
Die Tierkreiszeichen müssten versetzt zu Kalendermonaten dargestellt werden, weil die Sonne das nächste Tierkreiszeichen zwischen dem 20. und dem 24. einens Kalendermonats betritt. Dass es nicht der Fall ist, hat wahrscheinlich ästhetische Gründe. Die bildliche Darstellung der Kalendermonate stellt die typischen Tätigkeiten des ländlichen Lebens im Mittelalter dar.